
Präsentismus am Arbeitsplatz: Warum Anwesenheit nicht gleich Produktivität bedeutet

Mitarbeitende sind krank, erschöpft oder mental nicht leistungsfähig, erscheinen aber trotzdem bei der Arbeit. Dieses Phänomen wird als Präsentismus bezeichnet. Was auf den ersten Blick wie Engagement aussieht, birgt gravierende Risiken für die Produktivität, die Gesundheit der Belegschaft und letztlich den gesamten Unternehmenserfolg. Erfahren Sie in diesem Beitrag, wie Präsentismus entsteht und wie Unternehmen ihm entgegenwirken können.
Das Wichtigste im Überblick
- Präsentismus bedeutet Anwesenheit trotz Krankheit oder Überlastung und ist oft teurer für Unternehmen als Absentismus.
- Ursachen liegen in Unternehmenskultur, persönlichem Pflichtgefühl und organisatorischen Strukturen.
- Folgen sind Produktivitätsverluste, gesundheitliche Risiken und kulturelle Schäden.
- Arbeitgeber können mit klarer Kommunikation, flexiblen Modellen und Gesundheitsförderung entgegenwirken.
- Eine Kultur, die Erholung zulässt, steigert Motivation, Loyalität und langfristige Leistungsfähigkeit.
Bedeutung von Präsentismus
Präsentismus, also das Arbeiten trotz Krankheit, ist in deutschen Unternehmen weit verbreitet und betrifft etwa die Hälfte aller abhängig Beschäftigten. Laut Fehlzeiten-Report 2021 gingen sogar 13,2 % der AOK-Versicherten entgegen ärztlichem Rat krank zur Arbeit. In Gesundheitsberufen wie der Pflege liegt die Quote unter den Führungskräften bei 36 %.
Bedeutung für Unternehmen
Präsentismus verursacht spürbare wirtschaftliche Schäden: Mitarbeitende sind krank, weniger leistungsfähig und machen häufiger Fehler. Zudem besteht ein erhöhtes Risiko für Folgeerkrankungen und längere Ausfälle. Aus Berichten geht hervor, dass die durch Präsentismus verursachten Kosten betriebswirtschaftlich mindestens genauso hoch sind wie jene durch krankheitsbedingte Fehlzeiten. Unternehmen sollten daher nicht allein auf einen niedrigen Krankenstand als Gesundheitskennzahl vertrauen. Eine gesunde Unternehmenskultur, die Regeneration im Krankheitsfall aktiv fördert und Prävention betreibt, wirkt nachweislich am besten gegen Präsentismus und dessen Folgekosten. Wenn Sie noch mehr über eine gesunde Unternehmenskultur und vor allem über eine positive Employee Experience erfahren möchten, lesen sie diesen Beitrag.

Ursachen von Präsentismus
Präsentismus hat viele Gesichter und wird meist durch eine Kombination aus individuellen und organisatorischen Faktoren begünstigt:
Unternehmenskultur und Führung
In Unternehmen, in denen Anwesenheit höher bewertet wird als Ergebnisse, fühlen sich Mitarbeitende verpflichtet, trotz Krankheit zu erscheinen. Auch unausgesprochene Erwartungen von Vorgesetzten oder ein Klima der Angst vor Jobverlust können Präsentismus fördern.
Persönliche Überzeugungen
Manche Mitarbeitende wollen durch ständige Präsenz ihre Loyalität oder Leistungsbereitschaft beweisen. Andere scheuen sich, wegen Krankheit auszufallen, weil sie Kolleginnen und Kollegen nicht belasten möchten.
Arbeitsorganisation
Hohe Arbeitslast, enge Deadlines oder fehlende Vertretungsregelungen verstärken das Gefühl, nicht fehlen zu dürfen. Der Fachkräftemangel potenziert diese Herausforderung, da durch unbesetzte Stellen die Aufgabendichte in Teams nun umso höher ausfällt.
Folgen für Unternehmen und Mitarbeitende
Präsentismus ist keineswegs harmlos. Im Gegenteil: Er kann sogar schädlicher sein als Absentismus:
- Gesundheitsrisiken: Wer krank arbeitet, riskiert eine Verschlimmerung der Symptome oder langfristige chronische Erkrankungen. Zudem steigt das Ansteckungsrisiko für das gesamte Team, was zu einem größeren Ausfall der Mitarbeitenden führen kann.
- Produktivitätsverlust: Mitarbeitende, die nicht voll leistungsfähig sind, arbeiten langsamer, machen mehr Fehler und belasten dadurch indirekt Kolleginnen und Kollegen.
- Kostenfaktor: Laut der BAuA (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin) übersteigen die durch Präsentismus entstehenden Kosten die von Absentismus, da Leistungseinbußen über lange Zeiträume bestehen bleiben.
- Kulturelle Schäden: Wenn Krankenpräsenz zur Norm wird, fördert dies ein Klima der Überforderung und kann die Attraktivität als Arbeitgeber deutlich schmälern. Besonders in Zeiten, in denen Unternehmen auf Mitarbeiterempfehlungsprogramm (Referral Hiring) für ihr Recruiting setzen, kann dieser Ruf Folgen haben.

Was Arbeitgeber tun können
Um Präsentismus vorzubeugen, sollten Unternehmen klare Signale setzen und Rahmenbedingungen schaffen, die Gesundheit und Produktivität gleichermaßen fördern:
Vorbildfunktion der Führung
Führungskräfte sollten selbst verantwortungsvoll mit Krankheit umgehen. Wer krank ins Büro kommt, vermittelt unbewusst, dass Abwesenheit keine Option ist. Zeigen Sie Ihren Mitarbeitenden, dass sie sich auf Sie verlassen können.
Klare Kommunikation
Führungskräfte müssen klarstellen, dass Erholung und Genesung Vorrang vor Anwesenheit haben. Eine offene Ansprache in Teammeetings oder durch interne Richtlinien trägt zur Entstigmatisierung von Krankheit bei. Sprechen Sie offensichtlich erkrankte Mitarbeitende an und geben Sie ihnen die Möglichkeit, nach Hause zu gehen, ohne dies vorwurfsvoll zu kommunizieren.
Flexible Arbeitsmodelle
Homeoffice oder flexible Arbeitszeiten können die Entscheidung erleichtern, sich bei leichter Erkrankung auszukurieren, ohne das Team zu belasten. Erfahren Sie hier mehr zu flexiblen Arbeitsmodellen.
Gesundheitsförderung
Programme zur Stressbewältigung, Prävention von häufigen Erkrankungen und Resilienztraining helfen, die psychische und physische Gesundheit der Mitarbeitenden langfristig zu stärken. Auch das Bereitstellen von Obst und Gemüse kann einen Beitrag leisten, die Gesundheit Ihrer Belegschaft zu erhalten.
Vertretungsregelungen
Klare Prozesse und Stellvertretermodelle stellen sicher, dass Aufgaben auch in Abwesenheit weiterlaufen. Das nimmt vielen Mitarbeitenden den Druck, trotz Krankheit präsent sein zu müssen.
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Fazit: Qualität vor Quantität
Präsentismus am Arbeitsplatz ist ein stilles, aber kostspieliges Problem. Arbeitgeber, die Gesundheit nicht nur als individuelles, sondern als strategisches Thema begreifen, haben verschiedene Möglichkeiten, Präsentismus wirksam zu reduzieren.
Indem Führungskräfte klare Signale setzen, eine gesundheitsbewusste Kultur fördern und flexible Strukturen schaffen, steigern sie nachhaltig die Produktivität und fördern gleichzeitig die Zufriedenheit und Loyalität ihrer Mitarbeitenden.
Wer auf Arbeitsqualität statt auf reine Präsenz setzt, profitiert langfristig wirtschaftlich und positioniert sich zudem als attraktiver Arbeitgeber, der für eine menschenzentrierte Arbeitskultur eintritt.
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FAQ
Was versteht man unter Präsentismus und warum ist er problematisch?
Präsentismus bedeutet, dass Mitarbeitende trotz Krankheit zur Arbeit erscheinen. Das führt zu geringerer Leistungsfähigkeit, höherem Fehlerrisiko, gesundheitlichen Folgeschäden und langfristig sogar höheren Kosten als durch Absentismus.
Welche Ursachen begünstigen Präsentismus?
Präsentismus entsteht durch verschiedene Faktoren: eine Unternehmenskultur, die Anwesenheit über Ergebnisse stellt, Angst vor Jobverlust, persönliche Loyalitätsvorstellungen oder organisatorische Probleme wie fehlende Vertretungsregelungen und hohe Arbeitslast.
Wie können Arbeitgeber Präsentismus wirksam vorbeugen?
Unternehmen können Präsentismus reduzieren, indem sie eine gesundheitsbewusste Kultur fördern, klare Kommunikation zur Bedeutung von Erholung etablieren, flexible Arbeitsmodelle ermöglichen, Gesundheitsförderung anbieten und Vertretungsregelungen schaffen. Führungskräfte sollten dabei mit gutem Beispiel vorangehen.