Arbeitszeitbetrug: Definition, Folgen und wirksame HR-Maßnahmen
„Die Zeiterfassung stimmt nicht – aber niemand kann erklären, warum.“ Viele HR-Verantwortliche kennen dieses Problem. Manipulierte Arbeitszeiten gefährden nicht nur die Produktivität, sondern vor allem das Vertrauen zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden. Und genau dieses Vertrauen ist die Basis für eine gesunde Unternehmenskultur.
Was ist Arbeitszeitbetrug?
Arbeitszeitbetrug liegt vor, wenn Mitarbeitende bewusst falsche Angaben zu ihrer Arbeitszeit machen oder Zeiterfassungssysteme manipulieren, um eine Vergütung für nicht erbrachte Arbeitsleistung zu erhalten. Grundlage hierfür ist § 611a BGB, der Arbeitnehmer:innen verpflichtet, während der Arbeitszeit ihre Arbeitsleistung zu erbringen, während der Arbeitgeber im Gegenzug die vereinbarte Vergütung zahlt.
Es handelt sich also nicht um ein Versehen oder ein einmaliges Vergessen beim Ein- oder Ausstempeln, sondern um eine vorsätzliche Täuschung mit dem Ziel, unrechtmäßig Lohn oder Gehalt zu beziehen.
Typische Formen des Arbeitszeitbetrugs sind:
- Eintragen von Arbeitsstunden, die tatsächlich nicht geleistet wurden,
- Manipulation von Zeiterfassungssystemen, etwa durch Nicht-Ausstempeln bei Raucherpausen,
- unberechtigtes Verlängern oder Nicht-Deklarieren von Pausen,
- private Tätigkeiten während der Arbeitszeit (z. B. Surfen im Internet, private Telefonate oder sonstige Freizeitaktivitäten, insbesondere im Homeoffice)
Kleine Unterbrechungen wie der Gang zur Toilette oder ein kurzes Gespräch mit Kolleg:innen beim Kaffeeholen gelten dagegen nicht als Arbeitszeitbetrug.

Die Folgen von Arbeitszeitbetrug für Unternehmen
Arbeitszeitbetrug ist kein Kavaliersdelikt. Für Unternehmen können dadurch direkte Kosten entstehen, etwa durch bezahlte, aber nicht geleistete Arbeitsstunden. Noch schwerer wiegt der Schaden an der Unternehmenskultur: Kolleg:innen, die ehrlich arbeiten, fühlen sich benachteiligt, was ihre weitere Leistungsbereitschaft beeinträchtigen kann.
Unternehmen können gegen betrügende Angestellte arbeitsrechtliche und in manchen Fällen sogar strafrechtliche Schritte einleiten, müssen allerdings nachweisen, dass ein vorsätzlicher Betrug vorliegt.
Rechtliche Konsequenzen für Mitarbeitende
Ein nachgewiesener Arbeitszeitbetrug kann erhebliche rechtliche Folgen für Arbeitnehmende haben.
- Abmahnung
Bei erstmaligen und weniger gravierenden Verstößen erfolgt in der Regel zunächst eine Abmahnung. Diese dokumentiert das Fehlverhalten und warnt vor weiteren Konsequenzen bei erneuter Pflichtverletzung. - Ordentliche Kündigung
Wenn Mitarbeitende trotz Abmahnung erneut Arbeitszeitbetrug begehen oder das Vertrauen bereits stark beschädigt ist, kann eine ordentliche Kündigung ausgesprochen werden. Diese erfolgt unter Einhaltung der gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfrist. - Fristlose Kündigung
In besonders schweren Fällen, etwa bei systematischer Manipulation von Zeiterfassungssystemen oder erheblichen Täuschungen über lange Zeiträume, kann eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein. Hierbei ist keine vorherige Abmahnung erforderlich, da das Vertrauensverhältnis irreparabel gestört ist. - Schadensersatzforderungen
Arbeitgebende können unter Umständen Ersatz für den entstandenen finanziellen Schaden verlangen. Dies gilt vor allem dann, wenn die Täuschung zu erheblichen Kosten geführt hat. - Strafrechtliche Konsequenzen
Arbeitszeitbetrug kann auch strafrechtlich relevant sein. Wenn ein Mitarbeitender systematisch falsche Zeiten abrechnet, kann dies als Betrug im Sinne des § 263 StGB gewertet werden. Damit drohen nicht nur arbeitsrechtliche, sondern auch strafrechtliche Konsequenzen, einschließlich Geld- oder Freiheitsstrafe. - Auswirkungen auf das Arbeitszeugnis
Arbeitszeitbetrug darf zwar nicht explizit im Arbeitszeugnis stehen, da dieses wohlwollend formuliert sein muss. Doch häufig verzichten Arbeitgebende in solchen Fällen auf positive Formulierungen, was für künftige Arbeitgebende ein Warnsignal sein kann.
Für HR gilt: Jeder Fall sollte sorgfältig geprüft und dokumentiert werden. Nur mit einer sauberen Beweislage sind arbeitsrechtliche Schritte wirksam durchsetzbar.
Arbeitszeitbetrug im Homeoffice
Im Homeoffice gestaltet sich die Kontrolle von Arbeitszeiten besonders schwierig. Klassische Methoden wie Stechuhren oder Zutrittskontrollen greifen hier nicht. Gleichzeitig ist die Versuchung höher, private und berufliche Tätigkeiten zu vermischen. Mitarbeitende könnten vorgeben, erreichbar zu sein, während sie privaten Erledigungen nachgehen.
Um dem vorzubeugen, sollten Unternehmen auf klare Regeln und digitale Lösungen setzen. Zeiterfassungstools mit individuellen Logins oder App-basierten Check-ins helfen, Transparenz zu schaffen. Noch wichtiger ist jedoch eine ergebnisorientierte Steuerung: Statt jede Minute zu kontrollieren, sollten Zielvereinbarungen und konkrete Arbeitsergebnisse im Vordergrund stehen. So bleibt die Flexibilität des Homeoffice erhalten, ohne dass Vertrauen und Fairness darunter leiden.
Prävention von Arbeitszeitbetrug: Was HR tun kann
Damit es gar nicht erst zu Betrug bei der Arbeitszeiterfassung kommt, sollten Unternehmen präventive Maßnahmen ergreifen:
- Transparente Regeln: Kommunizieren Sie klar, wie Arbeitszeiten zu erfassen sind und welche Konsequenzen bei Verstößen folgen.
- Technische Systeme: Setzen Sie auf manipulationssichere Zeiterfassung, etwa mit individuellen Logins oder biometrischen Verfahren.
- Datenanalysen nutzen: Auffällige Muster in den Arbeitszeitdaten können frühzeitig auf Unregelmäßigkeiten hinweisen.
- Vertrauen stärken: Eine offene Unternehmenskultur senkt die Wahrscheinlichkeit von Betrugsversuchen. Mitarbeitende, die sich wertgeschätzt fühlen, greifen seltener zu unlauteren Mitteln.
- Homeoffice-Regeln: Gerade bei Remote Work helfen Zielvereinbarungen und ergebnisorientierte Steuerung, statt ausschließlich auf Stundennachweise zu setzen.
Arbeitszeitbetrug verhindern – Ihre Verantwortung als HR
Arbeitszeitbetrug ist ein sensibles Thema, das Personalabteilungen nicht unterschätzen sollten. Mit klaren Regeln, sicheren Systemen und einer offenen Kommunikation schaffen Sie die Basis für Fairness und Vertrauen. So schützen Sie Ihr Unternehmen nicht nur vor den Folgen von Arbeitszeitbetrug, sondern stärken auch Ihre Arbeitgebermarke.
FAQ
1. Was genau versteht man unter Arbeitszeitbetrug?
Arbeitszeitbetrug liegt vor, wenn Mitarbeitende bewusst falsche Arbeitszeiten angeben oder Zeiterfassungssysteme manipulieren, um Lohn für nicht geleistete Arbeit zu erhalten (§ 611a BGB).
Beispiele:
- Zu frühes Ein- oder Ausstempeln
- „Buddy Punching“ (Kolleg:innen stempeln füreinander ein)
- Falsche Überstundenmeldungen
- Nicht-Ausstempeln bei Pausen
- Private Tätigkeiten während der Arbeitszeit
2. Welche Konsequenzen drohen Mitarbeitenden bei nachgewiesenem Arbeitszeitbetrug?
Je nach Schwere des Falls können die Folgen unterschiedlich ausfallen:
- Abmahnung bei erstmaligem Verstoß
- Ordentliche Kündigung bei wiederholtem Fehlverhalten
- Fristlose Kündigung bei schwerem Vertrauensbruch
- Schadensersatzforderungen, wenn dem Unternehmen finanzielle Verluste entstanden sind
- Strafrechtliche Konsequenzen, z. B. Anzeige wegen Betrugs (§ 263 StGB)
- Negative Auswirkungen auf das Arbeitszeugnis, z. B. durch das Weglassen positiver Formulierungen
3. Was kann HR tun, um Arbeitszeitbetrug wirksam zu verhindern, vor allem im Homeoffice?
HR-Abteilungen sollten auf eine Kombination aus klaren Regeln, Technik und Vertrauenskultur setzen:
- Transparente Zeiterfassungsrichtlinien und Konsequenzen bei Verstößen
- Einsatz manipulationssicherer Systeme, etwa mit Login-Pflicht oder biometrischer Erkennung
- Regelmäßige Datenanalysen, um Unregelmäßigkeiten frühzeitig zu erkennen
- Klare Homeoffice-Vereinbarungen, mit Fokus auf Zielerreichung statt Minutenzählung
- Stärkung der Unternehmenskultur, um Vertrauen und Fairness zu fördern






