
Darf ich über mein Gehalt sprechen? Das sagt das Arbeitsrecht

„In meinem Team wird über alles gesprochen – nur nicht über Geld.“ Kommt Ihnen das bekannt vor? Gehaltsgespräche gelten oft als heikel. Zu groß ist die Angst vor Neid, Missgunst oder offenen Konflikten im Team. Doch genau diese Tabuisierung führt langfristig zu Misstrauen und Demotivation. Wer nicht weiß, ob er fair bezahlt wird, zweifelt schneller an seiner Wertschätzung und schaut sich vielleicht nach Alternativen um. Deshalb ist es wichtig zu verstehen, was arbeitsrechtlich erlaubt ist und wo die Grenzen liegen.
Gespräche über das Gehalt: erlaubt und geschützt
Mitarbeitende dürfen innerhalb des Unternehmens frei über ihr Gehalt sprechen. Das gilt für Gespräche mit Kolleg:innen oder Vorgesetzten. Auch Familienangehörige dürfen informiert werden. Gegenüber Behörden besteht teilweise sogar eine Pflicht zur Auskunft, etwa bei der Beantragung von Elterngeld.
Arbeitsverträge mit Verschwiegenheitsklauseln sind in diesem Punkt rechtlich unwirksam. Kündigungen oder Abmahnungen, weil sich über das eigene Gehalt geäußert wurde, sind ebenfalls ausgeschlossen. Grundlage dafür sind der Gleichbehandlungsgrundsatz im Grundgesetz, das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und das Entgelttransparenzgesetz.
Für HR bedeutet das: Ein Verbot von Gehaltsgesprächen ist nicht nur unwirksam, sondern widerspricht auch dem Ziel, faire Vergütungsstrukturen sicherzustellen. Mitarbeitende haben das Recht, sich auszutauschen, um Ungleichbehandlungen zu erkennen.

Wo die Grenze verläuft: internes Recht vs. externe Verschwiegenheit
So klar das Recht auf interne Gespräche ist – nach außen muss die Frage: „Darf ich über mein Gehalt sprechen “ anders beantwortet werden. Gegenüber Personen außerhalb des Unternehmens kann das Gehalt als Geschäftsgeheimnis gelten. Das betrifft besonders Konkurrenzunternehmen, die durch Insiderinformationen einen Vorteil erlangen könnten. Hier greift das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb. Für HR ist es deshalb wichtig, die Belegschaft zu sensibilisieren: Transparenz ja, aber bitte innerhalb des Unternehmens.
Noch sensibler wird es, wenn nicht über das eigene, sondern über das Gehalt anderer gesprochen wird. Hier gilt die DSGVO: Ohne ausdrückliche Zustimmung dürfen Gehaltsdaten Dritter nicht weitergegeben werden. Für HR-Abteilungen, die regelmäßig mit personenbezogenen Daten arbeiten, sind die Vertraulichkeitsregeln noch strenger.
Transparenz schaffen: Entgelttransparenzgesetz als Hebel
Seit 2017 haben Beschäftigte in Unternehmen mit mehr als 200 Mitarbeitenden einen individuellen Auskunftsanspruch. Sie können vom Arbeitgeber erfahren, was Kolleg:innen in vergleichbaren Positionen verdienen. Diese Information wird allerdings anonymisiert als Medianwert angegeben. Es wird also nicht der exakte Lohn offengelegt, sondern ein Orientierungswert in der Mitte. Diese Regelung soll strukturelle Benachteiligungen, wie sie etwa beim Gender Pay Gap bestehen, sichtbar machen und beseitigen.
Für HR ist das eine Chance: Wer aktiv aufzeigt, wie Gehaltsstrukturen entstehen, verhindert nicht nur Frust, sondern gewinnt Vertrauen. Wenn Mitarbeitende die Kriterien für die Festlegung von Gehältern verstehen, akzeptieren sie Unterschiede eher, wenn diese sachlich begründet sind.
Gehaltsunterschiede: gerechtfertigt oder diskriminierend?
Nicht jeder Gehaltsunterschied bedeutet automatisch Diskriminierung. Unterschiede lassen sich etwa durch Berufserfahrung, besondere Qualifikationen oder Standortfaktoren erklären. Kritisch wird es, wenn sich für Differenzen keine sachliche Begründung finden lässt. Werden Mitarbeitende aufgrund von Geschlecht, Alter oder Herkunft schlechter bezahlt, liegt eine Ungleichbehandlung vor, die das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verbietet. In solchen Fällen können Beschäftigte den Betriebsrat einschalten oder sich rechtlich beraten lassen.
Für HR ist es entscheidend, diese Gratwanderung zu meistern: Vergütungsentscheidungen müssen nachvollziehbar sein. Eine klare Kommunikation schützt das Unternehmen vor Vorwürfen und stärkt die Mitarbeiterbindung.
Fazit: Reden schafft Fairness
Die Rechtslage zu Gehaltsgesprächen ist klar: Mitarbeitende dürfen intern und mit der eigenen Familie über ihr Gehalt sprechen und Arbeitgeber können das nicht verhindern. Die interne Offenheit sorgt für Vergleichbarkeit, verhindert verdeckte Ungleichbehandlung und steigert Motivation. Gegenüber externen Dritten sollten sensible Informationen hingegen vertraulich bleiben.
Für HR liegt darin ein klarer Auftrag: Schaffen Sie Transparenz, fördern Sie offene Gespräche und nutzen Sie gesetzliche Rahmenbedingungen wie das Entgelttransparenzgesetz aktiv. Wer Transparenz lebt, schafft Vertrauen – und Vertrauen ist die Basis für die Bindung von Mitarbeitern in Zeiten des Fachkräftemangels.
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FAQ
1. Darf ich mit Kolleg:innen über mein Gehalt sprechen?
Ja, Mitarbeitende dürfen innerhalb des Unternehmens offen über ihr Gehalt sprechen, beispielsweise mit Kolleg:innen, Vorgesetzten oder Angehörigen. Ein Verbot im Arbeitsvertrag, etwa durch Verschwiegenheitsklauseln, ist in diesem Aspekt rechtlich unwirksam. Kündigungen oder Abmahnungen aus diesem Grund sind ausgeschlossen.
2. Gilt das Recht auf Gehaltsgespräche auch gegenüber Personen außerhalb des Unternehmens?
Nein, außerhalb des Unternehmens kann das Gehalt als Geschäftsgeheimnis gelten. Das gilt besonders gegenüber Konkurrenzunternehmen. In solchen Fällen greift das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb. HR sollte Mitarbeitende deshalb für den vertraulichen Umgang mit Gehaltsdaten nach außen sensibilisieren.
3. Darf ich über das Gehalt meiner Kolleg:innen sprechen?
Nur mit deren ausdrücklicher Zustimmung. Ohne Erlaubnis dürfen personenbezogene Gehaltsdaten Dritter nicht weitergegeben werden. So steht es in der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). HR-Abteilungen müssen hier besonders sorgsam vorgehen.
4. Was regelt das Entgelttransparenzgesetz für Mitarbeitende?
Beschäftigte in Unternehmen mit mehr als 200 Mitarbeitenden haben einen Anspruch darauf zu erfahren, was Kolleg:innen in vergleichbaren Positionen verdienen. Die Angabe erfolgt als anonymisierter Medianwert. Das Ziel besteht darin, strukturelle Ungleichbehandlung sichtbar zu machen, beispielsweise beim Gender Pay Gap.