
KI-Gender-Gap: Warum sind Frauen unterrepräsentiert und wie können Unternehmen gegensteuern?

Künstliche Intelligenz gilt als eine der wichtigsten Zukunftstechnologien, die Wirtschaft und Gesellschaft maßgeblich prägen. Doch gerade in diesem wichtigen Bereich zeigt sich ein deutliches Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern: der KI-Gender-Gap. Frauen sind in der KI-Entwicklung deutlich unterrepräsentiert, aber auch seltener in anwendenden Berufen und Entscheidungspositionen rund um KI vertreten. Erfahren Sie in diesem Beitrag, warum diese Ungleichheit besteht und wie Unternehmen jetzt im eigenen Interesse handeln sollten.
Was bedeutet KI-Gender-Gap?
Der KI-Gender-Gap bezeichnet geschlechtsspezifische Ungleichheiten im Kontext von KI. In erster Linie sind Frauen von dieser Problematik betroffen. Sie arbeiten deutlich seltener als Männer in Berufen mit einem hohen KI-Potenzial, zum Beispiel in der IT oder in den Naturwissenschaften. Stattdessen sind viele Frauen aktuell in Berufen tätig, die durch KI-gesteuerte Automatisierung besonders gefährdet sind. Dazu zählen unter anderem verwaltende Bürotätigkeiten.
Der KI-Gender-Gap ist nicht nur eine Frage der Gleichstellung, er birgt auch ein Innovationsrisiko, da die Perspektiven von Frauen in der KI-Transformation nicht ausreichend berücksichtigt werden. Einseitig zusammengesetzte Teams und unausgewogene Datensets können die Qualität und Vielfalt technologischer Entwicklungen spürbar einschränken.
Aktueller Stand der KI-Gender-Gap in der KI-Branche
Laut dem Global Gender Gap Report 2024 liegt der Frauenanteil unter KI-Talenten in Deutschland bei lediglich 21,1 %. International sind nur etwa 27 % der Teilnehmenden von KI-bezogenen Onlinekursen Frauen.
Eine Beschäftigtenbefragung in Deutschland von 2024 verdeutlicht, dass Frauen künstliche Intelligenz am Arbeitsplatz deutlich seltener nutzen als Männer. 2024 gaben 42 % der Frauen an, keine KI zu nutzen, während dies nur auf 31 % der Männer zutraf. Auch berichteten nur 24,1 % der Frauen, dass ihre KI-Nutzung über die Jahre zugenommen habe, bei den Männern sagten dies 36,8 %.
Frauen und Männer sind in etwa gleich stark in Berufsfeldern mit einer hohen KI-Exponiertheit beschäftigt, zum Beispiel in Wissenschaft, Ingenieurwesen und Management. Allerdings sind Frauen in den am höchsten KI-exponierten Berufsbildern deutlich unterrepräsentiert, beispielsweise unter IT-Fachkräften, Ingenieur:innen oder Führungskräften. Das hat eine OECD-Studie von 2024 herausgefunden.
Was sind Ursachen & Risiken für den KI-Gender-Gap?
Die Ursachen für den KI-Gender-Gap sind vielfältig, die Folgen des Ungleichgewichts weitreichend.
Ursachen des KI-Gender-Gap:
- Geringere MINT-Teilnahme: Frauen entscheiden sich seltener für Studiengänge und Karrieren in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Dadurch fehlen weibliche Talente für die Entwicklung und Nutzung von KI auf Fach- und Führungsebene.
- Geschlechterstereotype & fehlende Vorbilder: Traditionelle Stereotype über „typische Männer- und Frauenberufe“ sowie das Fehlen weiblicher Vorbilder in der Tech-Branche sind Gründe, warum sich weniger Frauen für eine Laufbahn im Bereich der KI entscheiden.
- Strukturelle Benachteiligungen: Diskriminierungen im Bewerbungsprozess, männlich geprägte Unternehmenskulturen und wenig familienfreundliche Strukturen erschweren Frauen den Zugang zu Berufen im Bereich der KI.
- Weniger Weiterbildung: Frauen nehmen seltener an KI-bezogenen Weiterbildungen teil. Dadurch verringern sich ihre Chancen, Kompetenzen für den zukünftigen Arbeitsmarkt zu erwerben.

Risiken des KI-Gender-Gap:
- Gender Bias in Algorithmen: Wenn die Entwicklung von KI in Männerhand liegt, sind die Trainingsdaten und Entscheidungslogiken oft männlich geprägt. So kann es sein, dass KI-gestützte Recruiting-Systeme männliche Lebensläufe bevorzugen und andere diskriminieren. Solche Verzerrungen (Bias) können zu einer systematischen Benachteiligung in Bewerbungsverfahren und bei automatisierten Entscheidungen führen.
- Verstärkte soziale Ungleichheit: Frauen sind überdurchschnittlich oft in Berufen mit hohem Automatisierungspotenzial tätig und somit häufiger von der Automatisierung durch KI betroffen. Damit besteht die Gefahr, dass die Digitalisierung bestehende Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt weiter verstärkt.
- Innovationshemmnis: Fehlende Diversität behindert die Entwicklung von KI-Lösungen, die für alle Nutzergruppen gleichermaßen geeignet sind. Teams mit homogenen Hintergründen erkennen manche Fehlfunktionen oder Benachteiligungen nicht oder übersehen Innovationschancen.
- Verstärkung gesellschaftlicher Vorurteile: KI, die mit einseitigen oder lückenhaften Daten trainiert wurde, reproduziert stereotype Rollenbilder. Ein Beispiel hierfür ist die Assoziation männlicher Namen mit Führungspositionen und weiblicher Namen mit Haushalts- und Pflegeberufen.
Wie kann man die KI-Gender-Gap schließen?
Um die KI-Gender-Gap zu schließen, bedarf es einer ganzheitlichen Lösung, die auf politischer, gesellschaftlicher, betrieblicher sowie individueller Ebene ansetzt. Im Folgenden sind die wichtigsten Strategien im Überblick für Sie aufgelistet:
1) Förderung von Bildung, Qualifizierung und MINT-Kompetenzen
Gerade junge Frauen sollten durch gezielte Bildungsinitiativen frühzeitig für MINT-Fächer begeistert und langfristig gefördert werden. Die Förderung beginnt idealerweise in der Schule, setzt sich im Studium oder in der Ausbildung fort und wird durch Weiterbildungsangebote im Berufsleben ergänzt.
Grundsätzlich sollten Lehrinhalte zu KI und Digitalisierung stets geschlechtersensibel gestaltet werden und die Lehrkräfte entsprechend fortgebildet werden. Darüber hinaus liegt es an Unternehmen, ihre Mitarbeitenden, vor allem Frauen, KI-Schulungen und digitale Fortbildungen anzubieten.
Ein weiterer Punkt ist die Möglichkeit zur Höher- oder Umqualifizierung. So können sich alle Geschlechter an neue berufliche Veränderungen, wie sie durch KI entstehen, anpassen und gegebenenfalls auch die Branche wechseln.
2) Stärkung von Diversität und Vorbildern in der KI-Branche
Bei der Entwicklung, Implementierung und Pflege von KI-Systemen ist es entscheidend, auf Inklusion in Form von vielfältigen und gemischten Teams zu setzen. Das reduziert Bias und verbessert die Qualität und Fairness der Algorithmen. Programme, die gezielt weibliche Vorbilder fördern, Netzwerke schaffen und Frauen im KI-Umfeld sichtbarer machen, erleichtern den Einstieg und Aufstieg in Berufe im Bereich künstliche Intelligenz.
Auch die Teilnahme von Frauen an Entscheidungsprozessen rund um KI ist wichtig. Wenn mehr Frauen in Führungspositionen und Fachgremien der KI-Entwicklung aktiv sind, entsteht Perspektivenvielfalt und wird die Geschlechtergerechtigkeit verbessert.
3) Technische Maßnahmen & Algorithmen-Checks
KI-Systeme müssen durch unabhängige „Diversity Panels“ oder Gremien regelmäßig auf Diskriminierung und Gender Bias überprüft werden. Ebenso müssen KI-Datensätze auf Geschlechtergerechtigkeit analysiert werden. Behalten Sie die vollständige Kontrolle, indem Sie Mechanismen zur Nachvollziehbarkeit und Korrektur von Diskriminierung in Ihre Systeme implementieren.
4) Arbeitskultur & betriebliche Rahmenbedingungen
Grundsätzlich senken offene und inklusive Unternehmenskulturen, sowie familienfreundliche Strukturen die Einstiegshürden für weibliche Arbeitnehmerinnen. Das gilt auch im KI-Umfeld. Eine faire Rekrutierung und die Förderung von Frauengruppen durch geschützte Räume, wie Netzwerkgruppen, können ein Umfeld schaffen, das Frauen den Einstieg und Aufstieg in KI-affine Rollen mit Entscheidungskompetenz erleichtert.
Der KI-Gender-Gap lässt sich nicht einfach und nicht über Nacht schließen. Der Abbau dieser Ungleichheit erfordert vielmehr einen ganzheitlichen Ansatz und muss immer auf den jeweiligen Kontext abgestimmt sein. Nur wenn verschiedene Maßnahmen ineinandergreifen, können Frauen und Männer gleichermaßen von den Chancen der KI profitieren und können wir gemeinsam eine inklusive digitale Zukunft gestalten.
Mit Gerechtigkeit zu langfristigem Unternehmenserfolg
Der KI-Gender-Gap ist ein zentrales Hindernis für Innovation, Chancengleichheit und faire Teilhabe an der digitalen Transformation. Die aktuellen Daten zeigen: Frauen sind in der KI-Branche nach wie vor unterrepräsentiert, profitieren weniger von neuen Möglichkeiten und laufen Gefahr, in Berufen mit hohem Automatisierungsrisiko abgehängt zu werden.
Unternehmen stehen deshalb in besonderer Verantwortung, aktiv gegenzusteuern, indem sie Vielfalt, Teilhabe und Kompetenzaufbau gezielt fördern. Wer jetzt handelt, schafft nicht nur mehr gesellschaftliche Gerechtigkeit. Er erschließt sich auch Zugang zu neuen Talenten, Perspektiven und Potenzialen, die den entscheidenden Unterschied machen können in einer zukünftig immer stärker digitalisierten Wirtschaft.
FAQ
Was versteht man unter dem KI-Gender-Gap und warum ist er relevant?
Der KI-Gender-Gap bezeichnet die ungleiche Beteiligung und Repräsentation von Frauen in der Entwicklung und Anwendung von Künstlicher Intelligenz. Er ist relevant, da fehlende Diversität in Teams zu einseitigen Algorithmen und Verzerrungen führen kann.
Welche Ursachen und Risiken bringt der KI-Gender-Gap mit sich?
Ursachen liegen unter anderem in gesellschaftlichen Rollenbildern, geringerer Sichtbarkeit von Frauen in Tech-Berufen und ungleichen Bildungszugängen. Risiken sind diskriminierende KI-Entscheidungen und ein Verlust an Innovationspotenzial.
Welche Maßnahmen helfen, den KI-Gender-Gap zu schließen?
Maßnahmen umfassen gezielte Förderung von Mädchen und Frauen in MINT-Bereichen, divers zusammengesetzte Entwicklerteams, genderbewusste Datenerhebung und transparente Prüfprozesse von Algorithmen.