Warum die Einführung einer digitalen Personalakte oft scheitert – und wie Sie diese Fehler vermeiden
Die Einführung einer digitalen Personalakte kann lohnenswert sein, aber auch zeitintensive und teure Fehler verursachen sowie die Akzeptanz der Nutzenden gefährden. Zwar ist das Konzept einfach, doch um erfolgreich zu sein, sind Kenntnisse in vielen Bereichen erforderlich. Sie müssen bei der Einführung auf gesetzliche Anforderungen und technische Feinheiten achten, da es sich um hochsensible personenbezogene Daten handelt.
Wie funktioniert das Konzept der digitalen Personalakte?
Das Konzept der digitalen Personalakte ist einfach – Papierdokumente der Personalakte werden gescannt, kategorisiert und digital zur Verfügung gestellt. Das spart Platz in den Aktenschränken, erleichtert den Zugriff und senkt Kosten.
Vom Straßenverkehr für das HR Management lernen
Stellen Sie sich vor, Sie haben die letzten Wochen und Monate damit verbracht, sich einen Neuwagen auszusuchen. Sie haben genau auf das Aussehen geachtet, darauf, wie es auf Sie und andere wirken wird. Sie haben die technischen Helfer genau nach Ihren Vorstellungen konfiguriert, damit Sie sich in Zukunft keinerlei Gedanken um diese Kleinigkeiten machen müssen und das Auto Ihnen hilft, wo es nur kann. Außerdem haben Sie sichergestellt, dass genügend Platz für Mitfahrende vorhanden ist, dass die Sitze bequem sind und natürlich auch, dass Ihr Neuwagen die richtige Motorleistung mit sich bringt.
Und dann steht er da vor Ihnen, Ihr neuer Wagen. Sie setzen sich am ersten Morgen hinein und beginnen voller Vorfreude die Fahrt in Richtung Arbeit. Aber kaum sind Sie richtig losgefahren, schon stecken Sie in einem langen Stau, bei dem Sie sich nicht bewegen. Auf einmal macht der neue Wagen doch nicht mehr so viel Spaß, jetzt da Sie ihn gar nicht richtig nutzen können.
Der Grund für den Stau ist eine Baustelle mit Fahrbahnverengung und Tempobegrenzung. Ein Schild am Straßenrand weist Sie darauf hin, dass diese Baustelle und damit der Stau Ihnen auch noch eine gute Weile erhalten bleiben wird.
Dass es sich in diesem Beispiel bei dem Neuwagen um Ihre digitale Personalakte handelt, ist offensichtlich. Wie können Sie da den Stau und die Baustelle verstehen?
Die Baustellen der digitalen Personalakte
Im Falle der Einführung einer digitalen Personalakte kann es viele Gründe geben, warum nach falscher Planung auf einmal einiges nicht mehr so läuft wie gewünscht. Die Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat ist eine dieser großen symbolischen Baustellen.
Bspw. haben Sie den Betriebsrat nicht früh genug eingeschaltet und haben somit dessen Mitbestimmungsrecht bei der Einführung einer digitalen Personalakte zur Überwachung von Verhalten und Leistung von Mitarbeitenden gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ignoriert.
Was hätten Sie also tun können, um den Stau und damit diese ärgerliche Situation zu vermeiden? Wie beim Stau auch ist das Timing meist Schuld, weswegen Sie etwas mehr Zeit investieren müssen. Nach dem gleichen Prinzip gibt es weitere häufige Gelegenheiten für Stau, die Ihnen viel Ärger verursachen können, wenn Sie vorher nicht damit geplant haben.
5 typische Fehler bei der Einführung einer digitalen Personalakte
Im Folgenden erläutere ich Ihnen fünf typische Fehler, die bei der Einführung einer digitalen Personalakte entstehen können.
1. Sie pflegen alle Dokumente in der digitalen Personalakte und verzichten vollständig auf Papier
Es ist sehr löblich sich als Unternehmen der Digitalisierung anzunehmen und daher vollständig auf Papierdokumente in der Personalakte zu verzichten. Nur leider spielt der Gesetzgeber hier nicht mit und Arbeitgeber sind dazu verpflichtet, wichtige Dokumente wie Arbeitsverträge, Urkunden und Darlehensverträge in jedem Fall in Papierform aufzubewahren. Diese Dokumente werden häufig in einer “Mini-Personalakte” je Person oder einer Sammelakte geführt und zusätzlich digitalisiert.
Ein vollständiger Verzicht auf Papier ist also nicht möglich und vor allem auch gegenwärtig rechtlich nicht vertretbar. Ebenso ist es nicht erlaubt, die digitale Personalakte um beliebige andere Dokumente zu erweitern, wie beispielsweise psychologische oder graphologische Gutachten zu Mitarbeitenden.
2. Sie möchten die Dokumente intern digitalisieren
Da die Digitalisierung der Altbestände an Dokumenten mit gewissen Kosten verbunden ist, stellen sich viele Unternehmen die Frage, ob die Digitalisierung am besten intern oder doch in Zusammenarbeit mit einem externen Dienstleister erfolgen soll.
Ob eine Digitalisierung im eigenen Hause möglich und sinnvoll ist, gilt es genau zu prüfen. So können Sie die zu scannenden Dokumente aus Datenschutzgründen nicht einfach der hausinternen Poststelle überlassen. Als Alternative können Sie die Personalabteilung mit der Digitalisierung der Dokumente betreuen. Allerdings sind nicht in allen Fällen leistungsstarke Scangeräte vorhanden. Zudem ist die Personalabteilung häufig durch das Tagesgeschäft zeitlich zu sehr eingespannt, um zusätzlich das Scannen der Dokumente vorzunehmen.
Wenn die Personalabteilung die Digitalisierung dennoch leisten kann und möchte, stellt sich die Frage, ob ausreichend Knowhow zur Digitalisierung vorhanden ist. Reicht Ihnen beim Scannen eine Auflösung von 200 dpi oder benötigen Sie für eine Volltextsuche doch besser 300 dpi? Die Antworten auf Fragen wie diese sollten Sie oder eine Person Ihres Vertrauens kennen, wenn Sie sich für die interne Digitalisierung entscheiden. Auch wenn es Fälle gibt, in denen eine interne Digitalisierung die beste Lösung für ein Unternehmen ist, so entscheidet sich die Mehrzahl von Unternehmen für die Zusammenarbeit mit einer Digitalisierungsdienstleistung.
3. Sie entscheiden sich für ein schlankes Berechtigungskonzept
Die Führung einer digitalen Personalakte unterliegt dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Da hochsensible personenbezogene Daten involviert sind, ist in jedem Fall ein Zugriff unberechtigter Personen auszuschließen. Eine Rollen- und Berechtigungsmatrix kann hier helfen, klare Regeln für den Zugriff aller Beteiligten zu definieren.
Doch leider fällt die Rollen- und Berechtigungsmatrix zu knapp aus und berücksichtigt nicht alle Akteure und möglichen Aktionen. So kann es oft sinnvoll sein, explizit Berechtigungen für das Schwärzen von Akten zu vergeben oder Zugriffsrechte für die Geschäftsführung und Justiziare/ Rechtsberatende festzulegen.
4. Sie wählen den Software Anbieter auf Basis der enthaltenen Funktionen
Die funktionalen Anforderungen an eine Software für die digitale Personalakte stehen häufig im Fokus bei der Auswahl des Anbieters. Viele Unternehmen vergessen häufig allerdings, dass sich die Anforderungen an Personalprozesse und Systemschnittstellen in Zukunft ändern können.
Berücksichtigen bei der Wahl nicht, dass Sie die Lösung auch zukünftig erweitern müssen, kann es hier eine böse Überraschung mit teuren Anpassungen geben. Auch sollten Sie die Entscheidung zwischen Cloud- und On-Premises-Software nicht leichtfertig mit Hinblick auf die Funktionalitäten treffen. Schließlich sollten diese mit ihren Datenschutzrichtlinien übereinstimmen und dazu z. B. die Standorte des vom Software Anbieters genutzten Rechenzentren berücksichtigen.
5. Sie unterschätzen das notwendige Projektmanagement
In einem beispielhaften Unternehmen mit 1000 Mitarbeitenden kann das IT-System für die digitale Personalakte je nach Wahl des Software Anbieters schon in sieben Tagen angepasst werden. Das Scannen der Dokumente kann das Unternehmen in vier Wochen erledigen. Allerdings wäre es ein großer Irrtum basierend auf diesen Zahlen davon auszugehen, dass ein gesamtes Projekt zur Einführung einer digitalen Personalakte inklusive Puffern in z. B. sechs Wochen umsetzbar wäre.
Eine gut strukturierte und ausführliche Analysephase ist das Fundament einer erfolgreichen Einführung einer digitalen Personalakte. Hier vermeintlich gesparte Zeit dürfen Sie in den meisten Fällen am Ende des Projektes wieder dranhängen. Auch nach Konzipierung der Akte, Auswahl der Digitalisierungsdienstleistung und des Softwareanbieters sind Sie noch nicht fertig. Investieren Sie die Zeit um Schulungen für Administrierende, Sachbearbeitende und Mitarbeitende einzuplanen. Wie viele andere IT-Lösungen steht und fällt auch die digitale Personalakte mit der Akzeptanz durch die Anwender.
Im Gesamtkontext ist das Projektmanagement einer Einführung einer digitalen Personalakte anspruchsvoll, da die Interessen der Beteiligten Parteien wie z.B. Betriebsrat, Personalabteilung und IT-Abteilung stark auseinander gehen können. Hier gilt es für Projektleitende durch Kenntnisse von gesetzlichen Anforderungen, praktischer Nutzbarkeit und Wirtschaftlichkeit einen gemeinsame Lösung zu finden. Des Weiteren bietet sich die Chance, die verschiedenen Projektaufgaben durch gute Planung zeitlich parallel durchführen, sodass Sie die Gesamtdauer des Projektes reduzierten können.
Fazit
Die Einführung einer digitalen Personalakte erfordert fundiertes Wissen und sorgfältige Planung, um teure Fehler zu vermeiden. Dennoch ist es kein unmögliches Unterfangen, wenn man die bekannten Herausforderungen meistert. Der Leitfaden zur Einführung einer digitalen Personalakte bietet eine grundlegende Orientierung und Entscheidungshilfen für Unternehmen, um die Komplexität abzuschätzen und die nächsten Schritte zu planen.
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FAQ
Was gehört in eine digitale Personalakte?
Es können alle Dokumente, die bisher in einer Personalakte enthalten waren, digitalisiert werden. Hierzu gehören personenbezogene Daten.
Welche Vorteile besitzt die digitale Personalakte?
Die Digitale Personalakte bietet Ihnen u. a. folgende Vorteile:
- Reduktion papiergebundener Aktenbestände
- Schnellere und effizientere Personalaktenverwaltung
- Beschleunigung von HR-Prozessen
Welche Fehler werden bei der Einführung der digitalen Personalakte gemacht?
Folgende Fehler treten häufig bei der Einführung auf:
- Auf einen Digitalisierungsdienstleister verzichten
- Unzureichendes Berechtigungskonzept
- Lediglich den Funktionsumfang bei der Wahl der Software-Anbieter berücksichtigen
- Unterschätztes Projektmanagement