
SAP HCM im öffentlichen Dienst: 5 Herausforderungen des Wartungsendes

Was als stabile Basis galt, wird zur Baustelle der digitalen Transformation: Das Ende des Wartungssupports für SAP HCM zwingt den öffentlichen Sektor zum Handeln. Die Entscheidung für eine neue digitale HR-Lösung ist dabei alles andere als trivial. Behörden müssen eine Strategie entwickeln, um Ihre Personal- und Abrechnungssysteme zukunftssicher zu gestalten – in einem Umfeld mit komplexen tariflichen, rechtlichen und technischen Anforderungen. Dieser Beitrag zeigt Ihnen, welche Herausforderungen bei der Umstellung Ihrer HR-IT-Landschaft bestehen und welche drei Transformationsstrategien Ihnen zur Verfügung stehen.
Die 5 zentralen Herausforderungen
Der öffentliche Sektor bringt spezifische Anforderungen mit sich, die die Umstellung Ihrer HR-IT-Landschaft zu einer besonderen Herausforderung machen:
1. Tarifrecht & Besoldungsstrukturen
Die Organisation von Tarifverträgen und Besoldungsstrukturen bringt eine besondere Komplexität in die Entgeltabrechnung des öffentlichen Sektors. Vorgaben des Bundes und Tarifverträge wie der TVÖD oder TV-L müssen korrekt abgebildet werden. Dazu gehört unter anderem die Darstellung der automatischen Anpassung von Entgeltgruppen und Stufenregelungen.
Die Anforderungen müssen verlässlich in die Zeitwirtschaft integriert werden, da sie einen direkten Einfluss auf die Personalabrechnung hat.
2. IT-Sicherheit & Datenschutz
Die Speicherung und Verwaltung sensibler Daten im öffentlichen Sektor unterliegen strengen Compliance-Vorgaben.
Ihre HR-Systeme müssen DSGVO-konform arbeiten, Personaldaten sicher speichern und den BSI-Grundschutz zur Absicherung öffentlicher IT-Systeme einhalten. Dabei ist es essenziell, nicht nur Daten zu archivieren, sondern auch fristgerecht zu löschen, um gesetzlichen Vorgaben zu entsprechen. Dieser Aspekt muss in die Digitalisierungsstrategie einfließen, um rechtliche Risiken zu vermeiden.
3. Zeitwirtschaft & Abrechnung
Die Verwaltung von Arbeitszeiten und Gehaltsabrechnungen im öffentlichen Dienst ist an gesetzliche Vorschriften gebunden, die strikt eingehalten werden müssen. Dazu gehören Ruhezeitregelungen sowie die Erfassung projektbezogener Arbeitszeiten für Drittmittelgeber. Diese Vorschriften müssen im System abgebildet werden, sodass eine transparente Berichterstattung jederzeit gewährleistet ist. Fehlende oder fehlerhafte Dokumentation kann zu rechtlichen Konsequenzen führen.
4. Bestehende Verwaltungsstrukturen
Öffentliche Verwaltungen nutzen oft eine gewachsene IT-Landschaft mit vielen spezialisierten Lösungen für z.B. Personalverwaltung, Gehaltsabrechnung und Pensionsberechnung. Diese Systeme sind oft individuell angepasst, historisch gewachsen und nicht standardisiert – eine einfache Migration ist daher selten möglich. Eine besondere Herausforderung stellen die Schnittstellen zu übergeordneten Behörden und externen Institutionen wie Finanzministerien, Sozialversicherungen oder Landesrechenzentren dar.
Dazu gehören unter anderem die Integration mit zentralen Finanz- und Personalverwaltungssystemen sowie die Anbindung an Pensionskassen zur Berechnung der Altersversorgung. Die Vielzahl und Heterogenität dieser Schnittstellen erfordert eine sorgfältige Planung, um bestehende Prozesse nahtlos in die neue Systemlandschaft zu überführen.
5. Lange Entscheidungs- & Genehmigungsprozesse
Im öffentlichen Sektor sind Entscheidungswege oft lang und komplex. Viele Genehmigungsprozesse erfordern umfangreiche Abstimmungen, wodurch Digitalisierungsprojekte ausgebremst werden können. Hinzu kommt, dass Budgetfreigaben haushaltsabhängig sind, was kurzfristige IT-Investitionen erschwert. Zudem müssen IT-Strategien politische und rechtliche Vorgaben berücksichtigen, was die Umsetzung weiter verkompliziert.

Die richtige Transformationsstrategie wählen
Damit der Wechsel von SAP HCM auf eine zukunftssichere Lösung gelingt, stehen Ihnen drei Transformationsstrategien zur Verfügung. Jede bringt spezifische Vor- und Nachteile mit sich. Die Wahl hängt von Ihren individuellen Anforderungen, Ihrem Budget und der gewünschten Innovationsgeschwindigkeit ab.
1. Wechsel zu H4S4 mit Bewahrung bewährter Prozesse
Ihre bestehende SAP HCM On-Premise-Lösung wird auf SAP HCM for S/4HANA (H4S4) migriert. Diese Strategie ermöglicht eine reibungsarme Migration, da Ihre bestehenden Prozesse weitgehend erhalten bleiben.
Vorteile:
- Geringer Anpassungsaufwand
- Verlängerte Nutzung bis 2040
- Payroll bleibt bis 2040 erhalten
Nachteile:
- Kaum Innovationspotenzial
- Die Planung muss spätestens bis Q3/Q4 2025 starten
2. Hybrid-Modell: H4S4 + SAP SuccessFactors
Bei dieser Strategie kombinieren Sie H4S4 für Kernfunktionen wie Entgeltabrechnung mit SAP SuccessFactors für moderne HR-Prozesse wie Talentmanagement, Recruiting oder Zeitwirtschaft. Der Vorteil dieser Herangehensweise: Sie können die Transformation schrittweise vollziehen.
Vorteile:
- Payroll On-Prem bleibt erhalten
- Flexibler Transformationspfad
- Zeitwirtschaft erfüllt 95 % der Anforderungen
- Cloud kann schrittweise integriert werden
Nachteile:
- Mehr Fachwissen für hybride Landschaft erforderlich, da es inhaltlich zwei unterschiedliche Systeme sind
3. SAP SuccessFactors – Die vollständige Cloud-Transformation
Sie wechseln zu SAP SuccessFactors, einer vollständigen Cloud-Lösung für alle HR-Funktionen. Diese Option bietet langfristig die höchste Flexibilität und Modernität. Allerdings fehlt derzeit ein integriertes Entgeltabrechnungssystem, das alle Anforderungen vollständig abdeckt.
Vorteile:
- Hohe Innovationsrate
- Ermöglicht moderne HR-Prozesse
- Langfristige Nutzung über 2040 hinaus
Nachteile:
- Payroll erfüllt Anforderungen nicht
- Hoher Migrationsaufwand
Eine zukunftssichere IT-Landschaft wählen
Der reguläre Support für SAP HCM endet 2027 – eine rechtzeitige Entscheidung über die zukünftige HR-IT-Landschaft ist für den öffentlichen Sektor unerlässlich. Dabei gilt es, komplexe Tarifstrukturen, strenge Datenschutzvorgaben und langwierige Entscheidungsprozesse zu berücksichtigen, die eine reibungslose Umstellung erschweren können.
Drei Strategien stehen zur Auswahl: H4S4, das Hybrid-Modell H4S4 mit SAP SuccessFactors und SAP SuccessFactors. Unabhängig von der gewählten Strategie ist eine frühzeitige Planung essenziell, denn die Umstellung braucht Zeit. Beginnen Sie jetzt mit den Vorbereitungen, um Ihre Risiken zu minimieren, Ihre Compliance zu gewährleisten und Ihre HR-IT-Infrastruktur zukunftssicher umzugestalten.